Dem Verteidiger stehen bei einem rechtswidrigen Angriff verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um die Auseinandersetzung zu beenden.
„Das Unrecht ist um so viel älter als das Recht, wie der Angriff älter ist als die Verteidigung und wie jeder Verteidigung durch den Angriff, so wird dem Recht durch das Unrecht die Weise seines Verhaltens unentrinnbar vorgeschrieben.“ (Gustav Radbruch 1887 —1949)
Folgende vier Verteidigungstypen werden klassifiziert:
1. Die reine Abwehr
Hierbei handelt es sich um pure Verteidigung. Angriffe des Gegners werden durch Block oder Ausweichbewegungen abgewehrt. Dabei wird versucht, den Angreifer unter Kontrolle zu bringen, ohne ihn selbst durch z. B. Tritte oder Schläge kampfunfähig zu machen. Ein Merkmal der reinen Abwehr ist das „Abwarten“ der Angriffe. Dadurch wird dem Gegner die völlige Initiative überlassen. Der Zweck dieser Verteidigung ist letztendlich nur die Erhaltung des alten Zustandes (Unversehrtheit, Bewegungsfreiheit). Bei nur sehr viel schwächeren Gegnern und einem hohen Grad der Überlegenheit ist eine reine Abwehr nur zu empfehlen.
2. Die Abwehr mit anschließendem Konter
Diese Abwehrmethode wird von den meisten asiatischen Kampfsportarten (z. B. Karate, Taekwondo etc.) praktiziert. Der Angriff wird abgewartet, durch Block (z. B. Arm wegschlagen) abgewehrt und dann der eigene Konter durchgeführt. Greift der Gegner mit einem Fußtritt an, so wird ausgewichen und anschließend ein Konter durchgeführt. Ein großer Nachteil ist hier darin zu sehen, dass bei einer Abwehr mit zeitlich versetztem Konter die Möglichkeit besteht, dass der Gegner erneut angreifen kann.
3. Der Angriff
Wie aber unter dem Themenkomplex Abwehr- und Reaktionszeit beschrieben, ist es aufgrund der geringen Zeit unmöglich. Daher müsste die Verteidigung als präventiv Notwehr eingesetzt werden, welche jedoch für eine legale und juristisch verwertbare Selbstverteidigung nicht anwendbar ist.
4. Die aggressive Verteidigung
Je länger ein Kampf dauert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, von dem Angreifer getroffen und verletzt zu werden. Im Kampf darf man daher nicht warten, bis der Gegner Anstalten macht, indem er ausholt und dann mit einem Schlag oder Tritt angreift. Ein altes chinesisches Sprichwort lautet:
„Kuen Mo Lai Yeung“
— Man darf nicht höflich sein, d. h. den Gegner nicht den Vortritt lassen.
Die Methode beruht darauf, dass ein Gegner der Anstalten macht anzugreifen erwartet, dass das Opfer zurückweicht. Aber das Gegenteil ist hier der Fall. Das vermeintliche Opfer verteidigt sich, indem es den Aggressor vehement angreift und ihn somit unvorbereitet in die Verteidigerrolle drängt. Durch das aggressive Vorgehen macht sich der Verteidiger selber Mut. Dies wiederum spürt der Angreifer und weicht zurück, was ihm selber Angst macht. Dadurch steigt der Mut und Kampfgeist des Verteidigers umso mehr. Wer seine Möglichkeiten in der Verteidigung kennt, kann sie auch selbstbewusst nutzen. Nug Mui greift daher nicht an, sondern verteidigt sich nur aggressiv.